In 5 Schritten zur stressfreien und erfolgreichen eigenen Praxis.
„So hatte ich mir das nicht vorgestellt“.
Vielleicht haben Sie sich das so oder ähnlich auch schon gedacht, als Sie mal wieder unzufrieden aus der Praxis nach Hause kamen. Während der Ausbildung zu Ihrem Traumberuf hatten Sie eine sehr genaue Vorstellung, wie Ihre Traumpraxis aussehen sollte. Sie hatten ein klares Bild vor Augen. Sie wussten, in welchen Farben die Therapieräume gestaltet sein würden. Die Kollegen und Mitarbeiter wären immer nett und hilfsbereit. Ihre Patienten wüssten es zu schätzen, mit welchem Engagement Sie sich für sie einsetzen. Sie hatten genaue Vorstellungen von der Work-Life Balance und konnten in Ihren Vorstellungen den verdienten Feierabend mit Familie und Freunden genießen. Natürlich haben Sie mit Ihrer Arbeit genug Geld verdient, um sich entspannt und ohne finanziellen Druck um Ihre Patienten zu kümmern. Sie waren sich sicher, mit einer eigenen Praxis würden Sie am Ziel Ihrer Träume angekommen sein.
Inzwischen ist Ihre Praxis Wirklichkeit geworden.
Leider unterscheidet sich die Realität aber von der Traumpraxis aus Ihren Vorstellungen.
- Es kommen irgendwie die falschen oder keine Patienten in Ihre Praxis.
- Die Patienten wissen ihre Leistung nicht zu schätzen.
- Am Ende des Monats bleibt für den Aufwand und Stress zu wenig Geld übrig.
- Der Bürokram raubt Ihnen die Kraft, die Sie lieber für die Patienten einsetzen würden.
- Die Vorgaben und Gesetze halten Sie zurück Ihre Ideen umzusetzen.
So oder so ähnlich geht es vielen Praxisinhabern nach dem Start in die Selbstständigkeit. All diese Probleme rauben Ihnen die Freude an dem Beruf, der doch Ihr Traumberuf war. Haben Sie sich bereits damit abgefunden, dass die Tätigkeit in der eigenen Praxis eben so ist? Ändern Sie etwas. Mit 5 einfachen Schritten können Sie aus dieser Falle entkommen.
Was ist Erfolg?
Erfolg ist nicht für alle gleich. Jeder Mensch hat hier seine ganz persönliche Sichtweise. Die Definition des Begriffs Erfolg ist das Erreichen gesetzter Ziele. Es kann sich hierbei um sachliche bzw. materielle Ziele, wie zum Beispiel Einkommen, oder um emotionale bzw. immaterielle Ziele, wie zum Beispiel Anerkennung, handeln.
Man unterscheidet z.B. in:
- Heilungserfolg (ist die notwendige Basis)
- wirtschaftlicher Erfolg (wie viel Einkommen / Gewinn erzielt die Praxis)
- Achtungserfolg (wie anerkannt sind Sie bei Patienten und Kollegen)
- persönlicher Erfolg. (z.B. Work-Life Balance)
Schritt 1: Werden Sie sich klar über Ihre Ziele
- Was ist Erfolg für Sie?
- Was wollen Sie erreichen?
- Was treibt Sie an?
- Was macht Sie glücklich und zufrieden?
Nur wenn Sie sich als Praxisinhaber bewusst sind was Sie erreichen wollen, können Sie die richtigen Schritte einleiten. Nur wer seine Ziele kennt kann den Weg planen.
Was ist Stress?
Unter Stress versteht man im Allgemeinen die Beanspruchung des Menschen durch innere und äußere Reize oder Belastungen. Man kann dabei zwischen positivem und negativem Stress unterscheiden. Positiver Stress erhöht die Leistungsfähigkeit und die Aufmerksamkeit, ohne dem Körper zu schaden. Wenn Stress häufig oder dauerhaft auftritt und damit bedrohlich oder überfordernd erscheint, spricht man von negativem Stress. Negativer Stress führt zu Erschöpfung und schadet sowohl dem Körper als auch der Psyche.
Negativen Stress vermeiden.
Bei der Arbeit in Ihrer Praxis tritt negativer Stress immer dann auf, wenn Sie Arbeiten erledigen, die Sie nicht mögen. Um in Zukunft absolut stressfrei zu arbeiten, müssen Sie also möglichst viele Arbeiten erledigen, die Ihnen Spaß machen und möglichst wenige Aufgaben, die Sie nicht mögen. Wenn Sie nur noch die Dinge tun würden, die Sie lieben, müssten Sie keinen Tag mehr „arbeiten“.
Schritt 2: Finden Sie Ihre Bedürfnisse.
Wie würden Sie arbeiten, wenn Sie wüssten, dass Sie ganz ohne Risiko auf jeden Fall erfolgreich wären?
- Welche Patienten würden Sie behandeln?
- Welche Behandlungen /Therapien würden Sie durchführen?
- Welche Arbeitszeiten hätten Sie?
- Welche administrativen Arbeiten würden Sie erledigen?
- Mit welchen Lieferanten oder Kollegen würden Sie arbeiten?
Sie dürfen träumen, egal ob es Ihnen realistisch erscheint oder nicht. In Ihrem Traumberuf sollte es doch nur darum gehen, was Sie von morgens bis abends “spielen” könnten, ohne dass es jemals langweilig wird. Wenn Sie diese Leidenschaft (wieder)finden, würden Sie jeden Morgen aus dem Bett springen, um in die Praxis zu fahren. Sie würden nie wieder Stress empfinden. Und ganz nebenbei stellt sich der Erfolg wie von selbst ein.
Für die meisten Menschen ist es schwierig, zu benennen, was sie glücklich macht. Hierzu hilft ein kleiner Trick. Schreiben Sie auf, was Ihnen Stress macht. Notieren Sie die Punkte, die Ihnen so richtig auf die Nerven gehen. Das fällt meistens sehr viel leichter.
Erstellen sie eine Tabelle:
Auf die linke Seite schreiben Sie alle Punkte untereinander, die Sie nicht mögen (Was Sie stresst). Für jeden Punkt beginnen Sie eine neue Zeile. Diese Liste sollte alle Bereiche der Praxis umfassen. Ergänzen Sie nun einfach die rechte Seite mit dem Gegenteil. Zum Beispiel stresst es Sie, dass Sie nie wissen wann sie abends Feierabend haben. Sie können keine privaten Verabredungen treffen, da Sie nicht wissen wann Sie nach Hause kommen. Das Gegenteil (Ihr Bedürfnis) wäre also ein geregelter Feierabend mit verlässlichen Praxiszeiten. Wenn Sie Angst vor Nachzahlungen des Finanzamtes haben, wäre Ihr Bedürfnis ein jederzeit klarer Überblick über Ihre Einnahmen, Ausgaben und die zu erwartenden Steuerzahlungen.
Diese Tabelle Ihrer Stresspunkte ist die Basis für die Schritte 3 bis 5.
Schritt 3: Schärfen Sie Ihre Positionierung.
- Wofür stehen Sie und Ihre Praxis?
- Welche Leistungen werden angeboten?
- Wie ist die Abgrenzung zu anderen Anbietern?
- Was bekommt der Patient nur bei Ihnen und nirgendwo anders?
„Positionierung“ ist ein Begriff aus dem Marketing und bedeutet die klare Unterscheidung von anderen Angeboten auf dem Markt.
Obwohl die Gesetze zum Heilmittelwerbegesetz in den vergangenen Jahren immer weiter gelockert wurden, ist Marketing in vielen Praxen noch immer ein zu wenig beachtetes Thema. Durch eine eindeutige, zu Ihren Bedürfnissen passende Positionierung lösen sich viele von Ihren Problemen wie von selbst.
Wie kann man die Positionierung nun in Ihrer Praxis anwenden? Ein vergleichbarer Begriff ist die Spezialisierung. Jede Facharztpraxis ist automatisch bereits spezialisiert. Der Orthopäde hat sich aus dem gesamten Bereich der Medizin auf die Orthopädie spezialisiert. Im Sinne des Marketings ist diese Positionierung jedoch nicht klar genug. Es gibt reichlich Orthopäden, die alle die gleichen Leistungen anbieten. Eine weitere, spitzere Positionierung wäre z.B. die Spezialisierung auf Knie oder Schultern.
Besonders Therapeuten der Naturheilkunde möchten sich nicht spezialisieren. Die Aufzählung der Angebote auf der Homepage eines Heilpraktikers umfasst häufig das gesamte Spektrum der Naturheilkunde.
Das Angebot einer ganzheitlichen Therapie ist keine Positionierung.
Verschiedene Möglichkeiten der Positionierung:
- Behandlung mit einer bestimmten Methode (z.B. Akupunktur)
- Behandlung einer bestimmten Patientengruppe (z.B. schwangere Frauen)
- Behandlung einer bestimmten Erkrankung (z.B. Borreliose)
- Behandlung eines bestimmten Krankheitsbildes (z.B. Erschöpfung)
- Ein besonderer Service (z.B. Erklärung der Befunde anderer Ärzte)
Warum ist Positionierung wichtig für stressfreies Arbeiten?
Durch eine Positionierung können Sie die Aufgaben vermeiden, die Sie nicht mögen. Wenn Ihnen z.B. die Behandlung von Kindern Freude bereitet und Sie sich gerne mit Allergiebehandlung beschäftigen, so sollte Ihre Positionierung dies klar machen. Eine ältere Frau mit Osteoporose würde sich nicht bei einem auf Allergiebehandlung bei Kindern spezialisierten Therapeuten anmelden. Sie können also steuern welche Patienten mit welchen Beschwerden zu Ihnen in die Praxis kommen.
Warum ist Positionierung wichtig für erfolgreiches Arbeiten?
Viele Therapeuten machen den Fehler sich nicht eindeutig zu positionieren, da sie keinen Patienten verlieren wollen. Gerade bei geringer Auslastung der Praxis fällt dieser Schritt schwer. Es siegt die Angst noch weniger Patienten als bisher zu bekommen. Das Gegenteil ist oftmals der Fall.
Stellen Sie sich vor, Ihr Kind leidet unter einer schweren Allergie. Wenn Sie nun die Wahl hätten zwischen dem Hausarzt nebenan, der alle Erkrankungen behandelt und dem Heilpraktiker in 50km Entfernung, der auf die Behandlung von Allergien bei Kindern spezialisiert ist, wo würden Sie anrufen? Die Erfahrung zeigt, dass Patienten für einen Spezialisten weitere Wege in Kauf nehmen und bereit sind, auch höhere Kosten selbst zu zahlen.
Positionierung ist der erfolgreichste Weg aus der Vergleichbarkeit und damit aus dem Kostendruck.
Schritt 4: Überprüfen Sie Ihr Praxiskonzept
In den Schritten 1 und 2 haben Sie als Praxisinhaber erkannt, was Sie stresst und was Ihnen Spaß macht. In Schritt 3 haben Sie an einer passenden, klaren Positionierung gearbeitet. Nun können Sie Ihre Praxis an Ihre Wünsche anpassen. Das Praxiskonzept muss zu Ihnen und Ihren Bedürfnissen passen.
Was ist eigentlich ein Praxiskonzept?
Ein Praxiskonzept ist einfach ausgedrückt eine Zusammenfassung einer Geschäftsidee. Es besteht aus einem beschreibenden Teil und einem Finanzteil.
Im beschreibenden Teil werden z.B. die folgenden Punkte festgehalten:
- Welche Leistungen werden angeboten?
- Wo ist der Standort?
- Welche Patienten werden angesprochen?
- Wie ist das Marketingkonzept?
- Welche Geräte, Ausstattungen und Personal werden benötigt?
- Wie sind die Arbeitszeiten?
Der Finanzplan
Der Finanzplan ist der zweite Teil des Praxiskonzeptes und zeigt, ob die Praxisidee überhaupt wirtschaftlich umsetzbar ist. Was nützt es, wenn Sie als Therapeut vielen Patienten helfen könnten, aber die Praxis nach einem Jahr aufgrund finanzieller Probleme geschlossen werden muss?
Als Praxisgründer beginnen Sie immer zuerst mit den privaten Zahlen. Anhand Ihrer festen und variablen Ausgaben, sowie der sonstigen Einkünfte (z.B. Minijob oder Halbtagsstelle) ergibt sich der durch die Praxis zu deckende Finanzbedarf. Bei einer laufenden Praxis geht es später eher um die Höhe des gewünschten Gewinns.
Die konkrete Finanzplanung für die Praxis teilt sich in folgende Punkte auf:
- Investplanung (Was muss ich anschaffen?)
- Laufende Kosten
- Geplante Arbeitstage
- Geplante Patientenzahlen
- Geplante Einnahmen pro Behandlung.
- Lassen sich die gewünschten Einnahmen erreichen?
Regelmäßige Überprüfung
Normalerweise wird ein Praxiskonzept zu Beginn der Praxisgründung erstellt. Da sich aber Ihre Bedürfnisse im Laufe Ihrer Tätigkeit ändern können, oder Sie die Schritte 1 bis 3 bei der Praxisgründung nicht so detailliert durchgeführt haben, empfiehlt es sich, das Praxiskonzept z.B. in einem Strategieworkshop in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.
Schritt 5: Optimierung der Prozesse
Erst jetzt, nachdem die Planungsphase abgeschlossen ist, sollten Sie sich um die Optimierung der Prozesse kümmern. Stellen Sie sich vor, Sie hätten mit viel Mühe den Prozess für Impfungen optimiert. Sie hätten ein aufwändiges System zur Dokumentation erstellt. Sie hätten vielleicht ein System entwickelt (oder gekauft) um die Patienten zu Folgeimpfungen automatisiert einzubestellen. Wenn Sie anschließend bei der Optimierung des Praxiskonzeptes festlegen, dass Sie keine Impfungen mehr durchführen, wäre der ganze Aufwand vergeblich gewesen.
Nehmen Sie sich noch mal die Tabelle aus Schritt 2 und prüfen Sie die einzelnen Punkte. Wenn Ihr neues Praxiskonzept zu Ihnen passt sollten sich einige Positionen bereits erledigt haben. Bei den anderen Punkten beginnen Sie mit der Optimierung. Ich empfehle dabei immer die folgende Vorgehensweise.
Eliminieren
Fragen Sie sich, ob die Aufgabe überhaupt erledigt werden muss. Viele Aufgaben haben sich mit der Zeit eingeschlichen und werden inzwischen vielleicht überhaupt nicht mehr benötigt. Schaffen Sie diese Aufgaben einfach ab. Eventuell beschäftigen Sie Ihren Ehepartner in der Praxis und führen einen Stundennachweis für Minijobber. Bei engen Angehörigen wie Ehepartnern, Kindern und Eltern ist dies jedoch nicht vorgeschrieben. In diesen Fällen könnten sie die Aufgabe sofort stoppen.
Automatisieren
Wenn eine Aufgabe weiterhin erledigt werden muss, prüfen Sie, ob das nicht automatisch erfolgen kann. Zum Beispiel könnte eine automatische Antwortfunktion bei eintreffenden Emails darüber informieren, dass Sie die Emails erst gesammelt am Abend beantworten. Eine automatische elektronische Übermittlung der Kontobewegungen zum Steuerberater könnte den Prozess der Buchhaltung vereinfachen. Eine automatisierte Datensicherung befreit Sie vom täglichen tauschen der USB Platte.
Delegieren
Wenn Sie in Ihrer Praxis Personal beschäftigen, können Sie Aufgaben auch delegieren. Wenn Sie kein Personal haben, können auch externe Personen wie Steuerberater, EDV Dienstleister oder Abrechnungsstelle Aufgaben übernehmen. Achtung, sie können Aufgaben delegieren, aber nicht die Verantwortung.
Fazit: Die Traumpraxis ist möglich.
Wenn Sie die 5 Schritte der Reihe nach abarbeiten und umsetzen, haben Sie es fast geschafft. Es zeigt sich häufig, dass die Schritte 1 + 2 relativ schnell erledigt werden können. Hier müssen Sie sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigen. Wenn Sie sich hierzu die Zeit nehmen, ist es gut an einem Wochenende zu schaffen. Die Anpassung des Praxiskonzepts ist deutlich komplexer. Meistens ist ein gewisser Reifeprozess notwendig, um zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Wenn Entscheidungen sich im Laufe der Planung als nicht umsetzbar erweisen, so müssen Sie die ersten Entscheidungen noch einmal verändern und alle Zusammenhänge ein weiteres Mal betrachten. Nehmen Sie sich die erforderliche Zeit bis sich das Ergebnis wirklich gut anfühlt. Hier ist kein Platz für überstürzte Entscheidungen, schließlich wollen Sie bis zum Rentenalter glücklich, stressfrei und erfolgreich in Ihrer Praxis arbeiten. Wenn Sie eine Frage noch nicht beantworten können, unterbrechen Sie die Planung. Am nächsten Tag oder in der nächsten Woche kommt die Antwort vielleicht von allein. Wenn Sie gar nicht weiterkommen, holen Sie sich Hilfe. Im Team klappt es häufig schneller.
Hier finden Sie ein kostenloses Workbook zu dem Thema. Beginnen Sie jetzt mit den ersten Schritten.
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Stefan Lepper